
Die Varianten der Fatigue bei MS
Frühjahrsmüdigkeit, gefolgt vom Sommerloch, an das sich der Herbstblues anreiht. Fehlt nur noch der Winterschlaf und die Schläfrigkeit im Jahreskreis ist komplett. Müde ist jeder mal, sei es mit oder ohne MS. Nach einem anstrengenden Tag, einer viel zu kurzen Nacht oder weil im Frühjahr mit zunehmender Helligkeitsdauer unser Hormonhaushalt durcheinandergewirbelt wird. Diese Art der Müdigkeit ist vorrübergehend oder kann allein schon durch ein wenig erholsamen Schlaf wieder in Ordnung gebracht werden. Nicht so bei der Fatigue. Sie betrifft einen Großteil der Menschen mit MS und unterscheidet sich deutlich von „normaler“ Müdigkeit. Das Feedback der LMMS-Community bei Facebook und Instagram zeigte, dass Fatigue für Euch ein wichtiges Thema ist. In unserem Doppelspecial wollen wir deshalb ausführlich darüber informieren und natürlich auch Tipps geben, wie besser damit umzugehen ist.
Keine MS ist wie die andere, denn die Symptome der Krankheit sind so vielfältig und individuell, wie jeder einzelne von uns. Man kann also nie von der typischen Multiplen Sklerose sprechen, äußert sie sich doch bei jedem anders. Mit Ausnahme der Fatigue, denn unter ihr leiden tatsächlich bis zu 80 Prozent aller MS-Betroffenen und das meist schon zu Krankheitsbeginn. Der Begriff selbst kommt aus dem Englischen (übersetzt: Müdigkeit bzw. Erschöpfung) und beschreibt einen Zustand massiver, oftmals unerklärlicher und vor allem wiederkehrender Erschöpfung. Fatigue kann sich über Stunden hinziehen und ohne Vorwarnung oder sich abzuschwächen wiederkehren.
Die Folge davon ist, dass Betroffene gezwungen werden, ihre Aktivitäten herunterzufahren und quasi in eine „Zwangspause“ geschickt werden. Diese kann sowohl aufgrund körperlicher Erschöpfung wie auch durch mentale Ermüdung nötig sein, man unterscheidet zwischen einer motorischen (körperlichen) und kognitiven (geistigen) Fatigue. Bei den meisten Menschen mit MS zeigen sich beide Seiten, wenngleich aber in unterschiedlicher Ausprägung. Man ist also meist eher körperlich oder eher geistig erschöpft. Diese Erschöpfung kann den Alltag erschweren und die Lebensqualität beeinträchtigen, da gewohnte Aufgaben mehr Anstrengung erfordern.
Depression oder Fatigue bei MS? Die Abgrenzung ist nicht immer einfach
Die Diagnose MS ist oftmals ein Schock und stürzt Betroffene in emotionales Chaos. Wenn psychische Belastungen langfristig bestehen, kann sich daraus eine Depression entwickeln. Eine Krankheit, die, ähnlich wie die Fatigue, leider viele MS-Patienten betreffen kann. Das Tückische daran ist, dass Depression und Fatigue sich ähneln und deshalb diagnostisch oft schwer auseinanderzuhalten sind. Achte neben Erschöpfungssymptomen auf anhaltende Antriebslosigkeit, gedrückte Stimmung, Schlafstörungen oder Appetitmangel. Auch der schleichende Rückzug aus dem sozialen Umfeld oder der Verlust des Interesses an Dingen, die Dir früher Spaß gemacht haben, können auf eine Depression hinweisen.
Bis zu 70 Prozent der Menschen mit MS erleben eine (leichte) Depression. Deshalb ist es wichtig, Warnzeichen ernst zu nehmen. Sprich über Deine Gefühle und setze Dich bewusst mit inneren Konflikten auseinander. Entspannungstechniken und Sport können helfen, die Stimmung zu verbessern. Vor allem aber: Du bist nicht allein! Der Austausch mit anderen Betroffenen oder eine Psychotherapie, ggf. mit Medikamenten, kann Dir helfen, aus dem Tief herauszukommen. Depression und Fatigue sind keine Zeichen von Schwäche, sondern ernstzunehmende Symptome, die Hilfe verdienen.
Fatigue und andere unsichtbare Symptome der MS
Fatigue ist ein klassisches unsichtbares Symptom der Multiplen Sklerose. Außenstehende sehen ja nicht, dass du unter Erschöpfung leidest und verstehen deshalb möglicherweise nicht, warum Du häufiger Pausen benötigst. Natürlich können so schnell Gedanken aufkommen, dass es mit genug Anstrengung schon gehen wird oder Sorgen, was die anderen von einem denken könnten. Wir können Dir deshalb nur raten, Dich nicht von anderen unter Druck setzen zu lassen. Fatigue hat nichts mit Faulheit oder fehlenden Fähigkeiten zu tun, sondern ist die Folge Deiner Erkrankung. Kläre Deine Familie, Freunde, aber auch Dein Arbeitsumfeld darüber auf, um Unverständnis und Konflikte zu vermeiden.
Sprich mit Deinem Arzt, um mehr über Therapien oder Reha-Möglichkeiten zu erfahren. Oder suche den Austausch mit anderen Betroffenen, denn auch das kann helfen, zeigt es doch, dass man nicht allein ist. Vielleicht erhältst Du so den ein oder anderen Tipp bzw. guten Rat. Schau Dir doch z. B. Brittas Mutmachgeschichte auf unserer Seite an, denn auch sie berichtet von Fatigue und ihrem Umgang damit.
Fatigue ist zwar das häufigste, aber bei weitem nicht einzige, unsichtbare Symptom der MS. Auch kognitive Störungen, psychische Belastungen und körperliche Beschwerden muss man Dir nicht zwangsläufig ansehen und sie können dennoch da sein. Wenn Du mehr über sie erfahren möchtest, empfehlen wir Dir unsere Broschüre „Go visible – Unsichtbare MS-Symptome: Was andere nicht bemerken“. Wir hoffen, dass wir Dir damit helfen können, selbst mit Fatigue oder anderen Symptomen kompromissfrei leben zu können.
Mehr zu den Ursachen, der Diagnose und den Therapieoptionen der Fatigue bei MS erfährst du im zweiten Teil unseres Fatigue-Specials.
Wie sieht es bei Dir aus? Bist Du von Fatigue betroffen und wie gehst Du mit ihr um? Sag es uns gerne bei Instagram oder Facebook.