Behandlung des Immunsystems: Immunsuppression und Immunmodulation bei MS

Da MS eine Autoimmunkrankheit ist, hat die Therapie natürlich immer etwas mit dem Immunsystem zu tun. Wenn Du unsere Interviewserie mit Prof. Meuth verfolgt hast, dann kennst Du den Aufbau unseres Immunsystems sicher schon ganz gut. Wenn nicht, hier nochmal kurz zusammengefasst ein paar wichtige Eckpunkte:

Angeborenes (allgemeines) Immunsystem:

  • Wirkt schnell, aber unspezifisch gegen Viren, Bakterien oder Tumorzellen
  • Dazu gehören Immunzellen (Neutrophile, Monozyten, natürliche Killerzellen), aber auch das Komplementsystem (System aus Plasmaproteinen) und mechanische Barrieren, wie z. B. unsere Haut

Erworbenes (spezialisiertes) Immunsystem:

  • Auf einen Krankheitserreger spezialisiert und damit effektiver
  • Bildet das immunologische Gedächtnis; wiederholter Kontakt mit demselben Krankheitserreger --> Immunantwort wird innerhalb weniger Stunden ausgelöst
  • T-Zellen zerstören u. a. infizierte Zellen und unterstützen/kommunizieren mit anderen Immunzellen durch sogenannte Botenstoffe (Zytokine)
  • B-Zellen bilden Antikörper gegen Krankheitserreger, welche diese Krankheitserreger neutralisieren können Bei MS spielen B- und T-Zellen eine entscheidende Rolle

Bei Multipler Sklerose behandelt man das Immunsystem. Hier unterscheidet man prinzipiell zwei Therapiemechanismen: die Immunsuppression und die Immunmodulation.

Die immunsuppressive MS-Therapie

Der Name legt es nahe: Immunsuppression meint eine Unterdrückung des Immunsystems. Ursprünglich aus der Transplantationsmedizin, hielten Immunsuppressiva, wie Medikamente aus dieser Klasse heißen, in den 1970er Jahren Einzug in die MS-Behandlung. Immunsuppressiva wirken teils gegen bestimmte Komponenten, teils unspezifisch gegen das gesamte Immunsystem. Dadurch kann das Infektionsrisiko unter immunsuppressiven Therapien oftmals erhöht sein.

Dennoch spielt die „klassische“ Immunsuppression nicht nur bei Transplantationen, sondern auch bei Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn oder Lupus weiterhin eine wichtige Rolle. Im Bereich der MS verliert sie allerdings immer mehr an Bedeutung. Warum das so ist, hat uns Prof. Meuth im dritten Teil unserer Interviewserie verraten. Lies gerne einmal rein, wenn Dich das Thema interessiert und/oder Du Dein Wissen vertiefen möchtest.

Die immunmodulatorische MS-Therapie

Die Immunmodulation geht einen anderen Weg, denn hier wird das Immunsystem nicht (vollständig) unterdrückt, sondern seine Funktion gezielt verändert. Vereinfacht gesagt reagiert unser Körper bei einer Infektion normalerweise mit einer Entzündung. Ist das Virus oder Bakterium bekämpft, werden bestimmte Botenstoffe gebildet, die auf Immunzellen wirken, damit diese die Entzündungsreaktion beenden.

Bei der MS richtet sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen und es entsteht so eine dauerhafte Entzündung. Hier greifen nun Immunmodulatoren ein und sollen das Gleichgewicht zwischen entzündungshemmenden und -fördernden Faktoren wiederherstellen. Einige der Medikamente zielen dabei auf die Unterdrückung von Botenstoffen/Komponenten des Immunsystems ab und beeinflussen so positiv den Rückgang der Entzündungsreaktion.

Andere Medikamente, die zur Immunmodulation eingesetzt werden, richten sich hingegen gezielt gegen bestimmte Immunzellen des Immunsystems. Das heißt, entzündungsfördernde Immunzellen werden bewusst reduziert, wobei gleichzeitig andere Immunzellen durch die Therapie nicht beeinflusst werden. Das hat zur Folge, dass das allgemeine Infektionsrisiko weniger stark ausgeprägt ist.

Was ist eine verlaufsmodifizierende Therapie bei MS?

Ob Suppression oder Modulation: Diese Therapien greifen in den Verlauf der MS ein und sollen damit langfristig wirken. Sie bekämpfen nicht nur akute Schübe oder Symptome, sondern sollen zukünftige Schübe und damit fortschreitende Behinderungen und die Progression der Krankheit verhindern. Man spricht deshalb auch von verlaufsmodifizierenden Therapien.

Welche Therapie Du letztlich erhältst, hängt stark von eben diesem Verlauf der MS ab. Eine Sache, einen ganz bestimmten Punkt, der wichtig für den Erfolg der Therapie ist, sollte man bei der Therapieentscheidung allerdings ebenfalls nicht außer Acht lassen. Und das bist Du selbst. Wie funktioniert Dein Leben? Welche Mechanismen bestimmen Deinen Alltag? Ist es Dir lieber, Deine Therapie dauerhaft durchzuführen oder nur zu bestimmten Einnahmephasen im Rahmen einer Impulstherapie ? Wie sieht es mit der Kinderplanung aus? Oder Reiseplänen? Besprich diese Dinge unbedingt ebenfalls mit Deinem Arzt.

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DE-NONNI-00313 , 11/2022